Seit 15 Jahren befischen wir jährlich ausgewählte Zuflüsse des Nord-Ostsee-Kanals, um die Entwicklung der Fischbestände im Blick zu behalten. Schon immer war der Aal dabei von größtem Interesse. Grundsätzlich ist der Aal eine wichtige Fischart für Angler und Fischer am NOK. Als seine Fänge spätestens Mitte der Neunziger rapide abnahmen, begann man sich Gedanken zu machen und 2006 wurde schließlich mit dem Besatz von vorgestreckten Aalen begonnen.

Seit 2016 werden neben vorgestreckten jährlich auch Glasaale im NOK besetzt.

Zwei Jahre später begannen wir mit der Bestandserhebung an den Zuflüssen. Hierfür wählten wir Hanerau, Jevenau, Gieselau und Schirnau. Da die Aale des Kanals gern in diese Nebengewässer ziehen, sagt der Aalbestand in den befischten Bächen auch einiges über den Bestand im Kanal aus.

Tiefe Kurven, Unterwasserpflanzen und unterspülte Baumwurzeln bieten den Aalen in den Bächen Deckung und Nahrung.

Belastbare Daten

In der aktuellen Debatte um Aalbestände geht es neben der Forderung eines Fangverbotes auch um die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Aalbesatz. Angesichts der Standpunkte vieler Naturschutzverbände und auch einiger Wissenschaftler ist es heutzutage wertvoller denn je, mit belastbaren Daten für eine Fortführung des Besatzes argumentieren zu können. Dank unserer langen, wissenschaftlich erhobenen Datenreihe können wir  einschätzen, wie sich Besatzaktionen auf lokale Bestände auswirken.

Auch größere Aale konnten wir in den kleinen Gewässern finden.

Zweimal im Jahr Vollsperrung

Um diese Daten zu erhalten, fischen wir Jahr um Jahr zur gleichen Zeit im Mai und Oktober die gleichen Strecken in den Gewässern ab – immer mit der gleichen Methode. Dazu wird mit zwei Sperrnetzen eine Bachstrecke von 200 Metern abgesperrt und anschließend in drei Durchgängen elektrisch befischt. So stellen wir sicher, den Großteil der Fische der Bachstrecke gefangen zu haben. Nach jedem Durchgang wird der Fang sortiert, gewogen und gemessen – und natürlich ein gutes Stück außerhalb der abgesperrten Strecke wieder freigelassen.

Seit Jahren im Aufwärtstrend

Nachdem unsere Aalfänge mit Aufzeichnungsbeginn zunächst stetig bergab gingen, stagnierten sie einige Jahre lang. Seit spätestens 2018 beobachten wird jedoch einen stetigen Aufwärtstrend, der sich erfreulicherweise auch in diesem Jahr fortsetzte. So fingen wir die bisher meisten Aale seit dem Beginn der Untersuchungen. Seit 2016 besetzen wir den Nord-Ostsee-Kanal übrigens nicht nur wie zuvor mit vorgestreckten Aalen, sondern parallel auch mit Glasaalen.

Insbesondere in den letzten fünf Jahre zeigen eine deutliche Bestandszunahme in den NOK-Zuflüssen.

Besatzaal ist effektiv

Dank einer von 2007 bis 2020 durchgeführten Farbmarkierung der Besatzaale konnten wir für den Zeitraum 2016 bis 2020 feststellen, dass 90 Prozent unseres Aalfangs aus Besatz stammt. Im Jahr 2021 waren es sogar 97 Prozent der in den Zuflüssen des NOK gefangenen Aale, die aus Besatz stammten. Die Daten für dieses Jahr liegen noch nicht vor. Wir können schlussfolgern, dass der Besatz einen sehr positiven Einfluss auf die Bestände hat – auch in den Nebengewässern!

Mehr als nur Aal

Der gesamte Fang wird sortiert, gewogen und vermessen.

Natürlich fangen wir in den vier Fließgewässern bei den intensiven Befischungen ebenso andere Arten und auch sie werden akribisch erfasst. Somit dient unsere jährliche Aal-Befischung der Bestandskontrolle aller vorkommenden Fischarten. Besonders erfreulich ist die Entwicklung der seltenen und landesweit gefährdeten Kleinfischarten. Bachneunaugen und Elritzen zum Beispiel fingen wir in der Gieselau in großen Mengen.

Positive Entwicklung bei bedrohten Arten

Stellenweise kommen Bachneunaugen in großer Menge vor.

Bei beiden Arten unterstützten wir die Vereine vor Ort durch unsere Biologen. Dass die Ansiedelung und Förderung vollauf geglückt ist, wurde bei den Befischungen 2022 mehr als deutlich. Unzählige Bachneunaugen kamen an den sandigen Plätzen zum Vorschein, oft waren es sogar zu viele, um sie alle mit dem Kescher einzusammeln. Bei den Elritzen sorgte bei unseren Biologen für besondere Freude, dass viel Nachwuchs aus diesem Jahr zu finden war – der frühere Besatz ist auch bei dieser Art erfolgreich gewesen.

In der strukturreichen Gieselau fingen wir besonders viele und hübsche Elritzen.

Positive Bilanz

Unsere Biologen Rüdiger Neukamm und Mattias Hempel sind zufrieden mit den Fängen dieses Jahres. Der leicht positive Trend bei Aal setzt sich fort und anderswo seltene Arten kommen in den geeigneten Lebensräumen an diesen Gewässern inzwischen wieder häufig vor. Auch andere Fische wie Meer- und Bachforellen wurden wieder in guten Stückzahlen und teils beeindruckenden Größen gefangen – und sorgten für eine schöne Abwechslung bei der Arbeit.

Farbenfrohe Bachforellen und große Meerforellen wurden bei unserem Aal-Monitoring ebenfalls gefangen.