Vom 6. bis 11. September 2021 fanden die jährlichen Fischbestandserhebungen in der Elbe im Bereich Geesthacht bis stromauf von Lauenburg statt. Diese werden bereits seit 2009, im vom LSFV Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem Anglerverband Niedersachsen und der Fischerei Panz gepachteten Elbabschnitt (Abbildung 1), durchgeführt. Ziel der regelmäßig durchgeführten Befischungen ist es, mögliche Veränderungen des Fischbestandes frühzeitig zu erkennen und zu dokumentieren. Von besonderem Interesse sind zurzeit die Entwicklung des Aalbestandes im Kontext der durchgeführten Besatzmaßnahmen, die Bestandsdynamik der beiden vorkommenden Grundelarten (Schwarzmundgrundel und Kessler-Grundel) sowie der Erhaltungszustand der vorkommenden FFH-Arten (Bitterling, Neunauge, Rapfen, Steinbeißer und Stromgründling).

Während die Befischungen in den letzten Jahren überwiegend bei niedrigen Wasserständen durchgeführt werden konnten, zeigte sich die Elbe diesmal von ihrer anderen Seite. Nach ergiebigen Regenfällen im oberen Einzugsgebiet lag der Wasserstand etwas ein Meter über dem Mittelwasser und die Strömungsgeschwindigkeit war ungewöhnlich hoch. Viele Sandbänke und Buhnenköpfe konnten daher nicht wie gewohnt befischt werden. In den Buhnenfeldern selbst reichte das Wasser teils bis weit in die Schilfbestände hinein, so dass Teile der dadurch uferwärts verschobenen Flachwasserbereiche kaum zu erreichen waren. Trotzdem konnten aber alle Elektro- und Stellnetzbefischungen wie geplant, größtenteils bei wunderbarem Spätsommerwetter, durchgeführt werden.

Abbildung 1: Abendstimmung an der Elbe stromauf von Lauenburg. Das Stellnetz für die Nachtbefischung wurde bereits ausgebracht und die Elektrobefischung startet sobald es vollständig dunkel ist.

Gefangen wurden bei der diesjährigen Bestandserhebung insgesamt 7.048 Fische aus 27 Arten mit einem Gesamtgewicht von fast 300 kg (Tabelle 1). Die mit Abstand häufigste Art war die Schwarzmundgrundel. Vor allem die Steinschüttungen waren dicht von den Grundeln besiedelt. Weitere häufige Arten im Gesamtfang waren Plötze, Ukelei, Aal, Flussbarsch, Aland und Rapfen.

Tabelle 1: Ergebnisse der Fischbestandserhebung 2021 in der Elbe zwischen den Landesgrenzen von Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg

Das bei einigen Arten vergleichsweise hohe Gesamtgewicht war wie schon in den Vorjahren auf die zwei nachts durchgeführten Stellnetzhols zurückzuführen. Diesmal wurden dabei vor allem große Brassen mit Körperlängen bis 60,5 cm gefangen. Aber mit fast 95 kg machten auch die 634 bei den Elektrobefischungen erfassten Aale einen sehr großen Gewichtsanteil aus. Große Aale mit Längen bis 80 cm fanden sich häufig im Fang (Abbildung 2). Der Aalbestand hat sich insgesamt in den letzten Jahren positiv entwickelt (Tabelle 2). Die Ursache dafür sind sehr wahrscheinlich die umfangreichen Besatzmaßnahmen, die in der Elbe oberhalb von Geesthacht durchgeführt wurden.

Abbildung 2: Aale mit Längen von 76 und 80 cm aus der Elektrobefischung eines Buhnenfeldes bei Avendorf

Tabelle 2: Anzahl und Gewicht der seit 2009 bei den jährlichen Fischbestandserhebungen gefangenen Aale

Die Bestandsdichte der eingeschleppten Schwarzmundgrundel ist auf hohem Niveau stabil. Seit 2017 wurden bei unseren Befischungen stets mehr als 1.000 Individuen gefangen. Im Vergleich zum Vorjahr, in dem über 3.500 Schwarzmundgrundeln gefangen wurden, hat sich die Anzahl allerdings halbiert. Auffallend war, dass der Anteil von Tieren mit offenen Geschwulsten deutlich abgenommen hat. Möglicherweise ist das Auftreten dieser Krankheit in der Elbe abhängig von der jeweiligen Bestandsdichte.

Die Kessler-Grundel hingegen, als zweite nicht heimische Grundelart, kommt zwar auch bereits seit mindestens 2015 in der Elbe im untersuchten Gebiet vor, konnte aber vermutlich aufgrund der Konkurrenz zur Schwarzmundgrundel bisher keinen dichten Bestand aufbauen. Beide „neuen“ Grundeln stellen eine lohnende Nahrungsquelle für die in der Elbe vorkommenden Raubfische (Zander, Barsch, Aal, Rapfen, Hecht, Wels und Quappe) dar. Negative Auswirkungen auf andere Fischarten konnten an der Elbe im befischten Bereich bisher nicht nachgewiesen werden. Die Häufigkeit möglicher Beutearten oder konkurrierender Arten wie Gründling und Steinbeißer scheint stabil zu sein. Diese nutzen mehr die flachen, sandigen Bereiche der Buhnenfelder, während die Grundeln eher in den Steinschüttungen zu finden sind.

Im Vergleich zu den Befischungen im Vorjahr wurden nur wenige Zander nachgewiesen. Da die Fangmeldungen der Angler weiterhin auf einen guten Bestand der Art hindeuten, vermuten wir, dass sich lediglich die Standplätze der Fische aufgrund des hohen Wasserstandes etwas verlagert hatten. Das größte von uns gefangene Exemplar hatte eine beachtliche Länge von 83,5 cm, aber auch Zander aus dem Jahrgang 2021 waren im Fang vertreten. Die Anzahl der gefangenen Hechte war wie schon im Vorjahr relativ gering. Hier vermuten wir weiterhin, dass sich das Gleichgewicht bei den Raubfischen aktuell ein wenig mehr zum Zander hin verschoben hat.

Neben Rapfen und Steinbeißer wurde als dritte FFH-Art der Bitterling nachgewiesen. Jeweils einige wenige Tiere wurden im Lauenburger Kanalhafen und in den Buhnenfeldern bei Stromkilometer 577 gefangen. Verbreitungsschwerpunkt der Art war in den letzten Jahren stets ein Brack beim Campingplatz Hohes Elbufer in Tesperhude. Dies wurde 2021 bei den Befischungen bewusst ausgespart, um die Bitterlingspopulation nicht unnötig zu stören. Auch Karpfen aus dem Jahrgang 2021 (Abbildung 3 links) wurden in den an das Brack angrenzenden Bereichen gefangen. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass sich die Karpfen dort auch dieses Jahr wieder selbstständig vermehren konnten. Hinweise auf eine erfolgreiche Reproduktion gab es auch bei der Zope. Nachdem in den Vorjahren stets nur große Zopen nachts mit den Stellnetzen gefangen werden konnten, wurden 2021 auch junge Zopen (Abbildung 4 rechts) bei den Elektrobefischungen erfasst.

Abbildungen 3, 4: Nachwuchs aus 2021 von Karpfen (links) und Zope (rechts) aus den Elektrobefischungen in der Elbe nahe Lauenburg

Die Anzahl der bei den jährlichen Befischungen nachgewiesenen Quappen war in den letzten Jahren sehr niedrig. Möglicherweise hat die Art, die bei der Eiablage niedrige Temperaturen benötigt, durch die vermehrt warmen Winter Probleme bei der Reproduktion. Einige Quappen aus dem Jahrgang 2021 konnten jedoch gefangen werden und es gibt die Hoffnung auf zukünftig wieder stärkere Jahrgänge.

Nicht gefangen wurden in diesem Jahr Stromgründlinge und Neunaugen beziehungsweise Neunaugenquerder. Die Art Stromgründling hält sich eher in der Strommitte großer Flüsse auf und hat daher auch ihren Namen erhalten. In der Vergangenheit wurden Stromgründlinge aber teils häufig bei den Nachtbefischungen in den Buhnenfeldern gefangen. Warum dies in den letzten Jahren nicht mehr gelingt, ist unklar. Viele Exemplare der Art wurden zuletzt im Jahr 2019, bei Befischungen mit feinmaschigen Ringnetzen zur Erfassung von Fischlarven, gefangen. Die Dichte lag 2019 bei bis zu ca. 13 Tieren je 100 m3 Wasser.

Insbesondere bei den Neunaugen scheinen die Bestände stark abgenommen zu haben. Bezogen auf das Flußneunauge liegen die möglichen Gründe dafür in der aktuellen Elbvertiefung und in der eingeschränkten Durchgängigkeit am Wehr Geesthacht. Die Fischaufstiegsanlage auf der Südseite ist seit 2019 außer Betrieb und an der Anlage auf der Nordseite gab es seitdem zumindest zeitweise Probleme mit der Lockströmung, die die Fische zum Einstieg in die Fischaufstiegsanlage leiten soll. In welchem Umfang dies insgesamt den Fischaufstieg beeinträchtigt ist nicht bekannt, und wird sich auch nicht ohne Weiteres feststellen lassen. Klar ist hingegen, dass nach wie vor keine ausreichende Durchgängigkeit am Wehr besteht. Hierfür bedarf es an beiden Uferseiten großer, leistungsfähiger Fischaufstiegsanlagen, deren Einstiege leicht zu finden sind und die sich aufgrund ihrer jeweiligen Bauweise so ergänzen, dass sie in Kombination für alle vorkommenden Fischarten geeignet sind. An diesem Ziel müssen wir weiterhin festhalten, auch wenn es zurzeit nicht so aussieht, als ob es sich kurzfristig erreichen lässt.