ICES Fangempfehlungen 2022 – Ein Standpunkt

Seit gestern ist es so weit- die neuen ICES-Empfehlungen für die Fangmengen in der Ostsee sind veröffentlicht.

Seit längerer Zeit wird über die Bestände des Dorsches in der westlichen Ostsee debattiert. Fangeinschränkungen für die Berufsfischerei und die Tagesfangbegrenzungen (bag-limits) für die Angler wurden 2016 in Kraft gesetzt. Nach anfänglicher Aufregung konnten viele Angler mit den Einschränkungen leben, gilt es doch, die Bestände zu erhalten, die wir nachhaltig befischen wollen. Jetzt schlägt der ICES weitere drastische Fangmengenbeschränkungen für den Dorsch vor. Vernünftige Angler lassen immer mit sich reden, wenn es um die Tagesmaximalmenge der zu fangenden Dorsche geht. Vollständige Fangverbote stoßen allerdings auf eine breite Ablehnung. Die von den Anglerverbänden geforderte Laichschonzeit und ein höheres Schonmaß wurde seinerzeit leider nicht eingeführt. Das hätte bei rechtzeitiger Einführung sicherlich einen positiven Einfluss auf die Bestände gehabt. Diese Maßnahmen könnte man immer noch einführen.

Viele Experten gehen davon aus, dass der Klimawandel mit den damit verbundenen veränderten Wassertemperaturen Auswirkung auf die Ernährung der Jungfische im Larvenstadium hat. Umwelteinflüsse, Mikroplastik, Meeresverschmutzung, fehlender Sauerstoff in den tieferen Bereichen – alles das sind weitere Faktoren, die sich negativ auf Fischbestände in der Ostsee auswirken.

Darauf haben die Angler keinen Einfluss! An diesen Themen wird oft nicht gerührt. Fangverbote hingegen werden immer gerne und schnell ausgesprochen. Das haben wir auch bei der Ausweisung der AWZ-Schutzzonen in der Ostsee schmerzlich erfahren. Die sogenannten Naturnutzer anzuprangern passt gut in diese Zeit und lenkt vom eigentlichen Versagen der Politik in vielen Umweltbereichen ab.

Das bringt uns zum Thema Lachs: Ein gutes Beispiel für schlechte Umweltpolitik ist die in vielen Mitgliedsstaaten unzureichend umgesetzte EU-Wasserrahmenrichtlinie. Bis heute fehlt an vielen Fließgewässern die Durchgängigkeit. Nach wie vor erfährt die artenvernichtende Wasserkraft Unterstützung. Viele Gewässer sind nach wie vor so verbaut, dass auf klimabedingte Starkregenfälle tragische Katastrophen folgen. Laichhabitate für viele Arten wurden in den Gewässern zerstört und sind noch nicht ansatzweise wiederhergestellt. Angelvereine und Verbände kritisieren diese Missstände seit Jahrzehnten und steuern da, wo sie es können und wo man sie lässt, entsprechend gegen.

Gerade um die Wandersalmoniden kümmern sich die Angler an den Fließgewässern mit einem enormen Aufwand. Vielerorts funktioniert die natürliche Reproduktion dieser Arten nicht mehr. Die Angler streifen die aufgestiegenen Laichfische ab und erbrüten die Eier in Bruthäusern. Ohne Laichhabitate – kein Nachwuchs! Ohne Angler – keine Wandersalmoniden! So kann man es einfach auf den Punkt bringen. Diese Arten wären schon lange aus unseren Gewässern verschwunden ohne die Angler. Man kann sicherlich über viele Maßnahmen zu einer weiteren Verbesserung der Bestände nachdenken. Jetzt aber ausgerechnet diejenigen zu bestrafen, die mit ihren finanziellen Mitteln und mit riesigem Arbeitseinsatz für den Erhalt der Wandersalmoniden gesorgt haben, ist der völlig verkehrte Weg. Die Bestände des Ostseelachses werden meines Wissens als verbessert eingestuft. Ein nun von der ICES empfohlenes Verbot der Lachsangelei in der Ostsee würde sich verheerend auf das Engagement aller Angler auswirken.

Man sollte lieber dringend damit anfangen, die Durchgängigkeit, die Struktur und die Laichhabitate in allen Ostseezuflüssen zu verbessern. Das sollte man selbstverständlich auch an den Nordseezuflüssen mit Nachdruck verfolgen.

Peter Heldt