Der Herbst ist nicht nur der zweite Frühling für die Raubfischangler. Er ist vielerorts auch die Zeit, in der zahlreiche ehrenamtlich engagierte Angler aus Mitgliedsvereinen des Landessportfischerverbandes Schleswig-Holstein (LSFV) mit ganz anderem Fanggerät losziehen. Sie verbringen Wochenende für Wochenende damit, mit Elektrofanggeräten laichreife Salmoniden aus den Flüssen zu fischen, um die Bestände von Lachs und Meerforelle zu stützen.
Am Freitag, 16. November, hatte LSFV-Präsident Peter Heldt einmal mehr an das LSFV-Bruthaus in Aukrug eingeladen. Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Stör-Bramau leistet dort unter der Führung von Hartwig Hahn seit Jahrzehnten aktiven Artenschutz für die Wandersalmoniden. Als Gäste begrüßte Heldt den CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Michael von Abercron, den CDU-Landtagsabgeordneten Hauke Göttsch, die Präsidentin des Deutschen Angelfischerverbands (DAFV) Dr. Christel Happach-Kassan, den DAFV-Geschäftsführer Alexander Seggelke, aus dem Fischereiministerium Dr. Roland Lemcke, den LLUR-Direktor Matthias Hoppe-Kossak und die Leiterin der Oberen Fischereibehörde Marina Rotermund.
Da ähnliche Aktionen wie an der Stör auch in anderen Teilen Schleswig-Holsteins stattfinden waren auch die Kreisverbände des LSFV eingeladen. So konnte Peter Heldt noch Andreas Weber (KSFV Lübeck), Dieter Struck (KSFV Segeberg) und Wolfgang Hamann (KSFV Neumünster) sowie den LSFV-Vizepräsident und Kreisverbandsvorsitzenden aus Rendsburg-Eckernförde, Achim Heinrich, begrüßen.
Heldt unterstrich das große Engagement der Angelvereine für die Salmoniden. „Ob an den Nordseezuflüssen wie dem Störsystem, dem Gewässersystem Bongsieler Kanal, der Treene und anderen oder an Ostseezuflüssen wie der Trave: Überall haben die Angler mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz dafür gesorgt, dass es auch heute noch Meerforellen und Lachse in unseren Fließgewässern gibt. Alle diese Aktionen wurden und werden immer in enger Kooperation mit dem Verband der Binnenfischer und Teichwirte und dem Bruthaus in Altmühlendorf durchgeführt.“
Der LSFV-Präsident blickte auf vergangene Tage zurück und betonte, dass es vor 40 Jahren noch absolute Ausnahme gewesen sei, an den Ostseestränden eine Meerforelle zu fangen „Heute ist das mit ein wenig Geschick jederzeit möglich, und auch in zahlreichen Fließgewässern kann man Meerforellen, und vermehrt auch wieder Lachse, fangen.“
Harte Gewässerbewirtschaftung, das Begradigen von Fließgewässern und das Verbauen der Durchgängigkeit der Bäche hätten für den Rückgang der großen Wandersalmoniden gesorgt. Die Laichgründe funktionierten nicht mehr. „Damals hat sich kein Mensch um das Verschwinden der Wanderfischarten geschert. Nur wir Angler haben die Alarmsignale verstanden und gegengesteuert.
Seit dem Jahr 2000 kümmert man sich nun auch mithilfe der EU-Wasserrahmenrichtlinie um den guten ökologischen Zustand der Gewässer. Auch in Schleswig-Holstein ist beim Thema Durchgängigkeit und Gewässerstrukturen schon einiges passiert. Auch hier bringen sich die Angler, zusammen mit den federführenden Landesbehörden und anderen Interessenverbänden ein. Allerdings hinkt man bundesweit weit hinter den von der EU gesteckten Zielen hinterher.“
Heldt: „Bei den Arbeiten zur Erhaltung der Meerforelle werden wir seit langer Zeit von der Oberen Fischereibehörde und dem Ministerium sowie aus Mitteln der Fischereiabgabe hervorragend unterstützt. Auch wenn es um neue Wege bei der Laicherbrütung geht, erhalten wir Förderung. Dr. Mattias Hempel hat sich mit den Scotty-Boxen um die naturnahe Erbrütung von Meerforellen direkt in kleinen Fließgewässern gekümmert. So werden die Fische optimal auf ihr heimisches Gewässer geprägt, damit sie später den langen Weg aus dem Meer zum Laichen zurück finden. Der Abschlussbericht seines Projektes wird in Kürze vorliegen. Auch ein Benutzer-Handbuch für die Vereine, die mit den Boxen arbeiten wollen, wird vom LSFV vorgelegt.“
Bei der Meerforelle, so Heldt, sei die Förderung gut. Anders sehe es beim Lachs aus. „Für uns gehört der Lachs in das Bundesland zwischen den Meeren. Hier liegen wir allerdings in einem fachlichen Streit mit den Landesbehörden. Diese sehen das anders.“ An Flüssen wie der Stör oder der Treene sei verstärkt Lachsaufstieg zu verzeichnen. An den dänischen Auen, in Niedersachsen, Holland und in allen Bundesländern an der Elbe wird mit staatlicher Hilfe etwas für den Lachs getan. „In Schleswig-Holstein arbeiten wir Angler alleine an dem Thema.“
Direkt am Wasser zeigten die Ehrenamtler der Arge Stör-Bramau gemeinsam mit Dr. Mattias Hempel und dem Fischereiberater Martin Purps, dass der Laichfischfang trotz der niedrigen Wasserstände erfolgreich sein kann. Dabei kamen mit dem E-Fisch-Gerät schwere Laichfische in die Kescher. In dieser Jahreszeit sammeln sich die Fische überwiegend an den grobkiesigen Stellen im Oberlauf der Bäche. Doch aus dem abgelegten Laich wird dort wird meistens nichts. Feinsedimente setzen die Laichgruben zu, die Eier ersticken.
Daher werden einige die laichbereiten Tiere am Bruthaus abgestreift – was Christian Tamcke, Matthias Hempel und Hartwig Hahn demonstrierten – und später dort zurückgesetzt, wo sie entnommen wurden. Die gewonnenen Eier werden unter Aufsicht in speziellen Brutrinnen bis zum Frühjahr erbrütet. Aus hunderttausenden Eier werden kleine Fischlarven, die im zeitigen Frühjahr in den Flüssen ausgesetzt werden. Nach etwa einem Jahr im Bach wandern die ersten Jungfische, so genannte Smolts, ins Meer, um nach einigen Jahren zum Laichen in ihre Heimatflüsse zurückzukehren.
Für die Gäste des LSFV ging bei Brötchen und Kaffee ein informativer Nachmittag zu Ende. „Für viele aktive Vereinsmitglieder in unseren Hegegemeinschaften und Angelvereinen gehen die Laichfischfangaktionen noch bis in den Dezember weiter. Danach haben wir hoffentlich genug Fischeier aufliegen, um sicherzustellen, dass auch der Lachs und Meerforellenjahrgang 2018-2019 erfolgreich wird “, sagte LSFV-Präsident Peter Heldt zum Abschluss.