Nach dem erfolgreichen Seminar im letzten Jahr führte die LSFV-Jugend auch in diesem Jahr ein Seminar mit dem Thema „Aktiv im Kinderschutz – Schutz vor sexualisierter Gewalt in Vereinen“ durch. Vom 10. bis 12. März trafen sich 15 Jugendwarte und 4 Mitglieder aus dem Jugendvorstand im Nordkolleg in Rendsburg und beschäftigten sich mit Themen, die unter die Haut gingen, zum Nachdenken verleiteten, zum Handeln anregten und auch sehr aufschlussreich waren.
Im Vorfeld stellten sich schon viele Fragen wie z.B: Wie kann man Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt schützen? Wie schütze ich mich als Betreuer? Wie sieht das Profil eines Pädophilen aus und wie verschafft er sich den Zugang zu Kindern und Jugendlichen? Wie gehe ich damit um, wenn ein Fall von sexualisierter Gewalt aufgetreten ist? An wen kann ich mich wenden? Fragen über Fragen, mit denen sich die Teilnehmer mit freundlicher Unterstützung durch Seminarleiter Rene Strebe beschäftigt haben.
Um wieder in das Thema hineinzukommen und um die neuen Teilnehmer mit ins Boot zu holen gab es am Freitagabend einen Rückblick auf das letzte Seminar, denn dort wurden die Grundlagen besprochen, z.B.: Was ist überhaupt sexualisierte Gewalt? Wo beginnt sie und wo hört sie auf? Welche Faktoren begünstigen sexualisierte Gewalt?
Zur Erinnerung: Zur sexualisierten Gewalt zählen geschlechtsbezogene Übergriffe durch Worte, Bilder, Gesten, Handlungen mit/ohne Körperkontakt, Machtausübung mittels Sexualität und Verletzung des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung. Potentielle Täter planen ihre Vorhaben meistens über längere Monate, sogar über Jahre, und versuchen, erst das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen für sich zu gewinnen, um dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, zu ihren Handlungen zu schreiten. Die Täter suchen sich oftmals Sportvereine aus, in denen viele verschiedene Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Altersklassen aufeinander treffen.
Genau aus diesem Grund sind Kinder und Jugendliche in Sportvereinen besonders gefährdet und oftmals die „perfekten Opfer“ für die Täter. Das heißt nicht, dass jeder potentieller Täter Handlungen an Kindern und Jugendlichen vornimmt, einigen reichen schon bloße Anwesenheit, Fotos, Videos oder dergleichen.
Leider gibt es auch Faktoren die eine „sexualisierte Gewalt“ begünstigen. Dazu zählen:
→ Sportliche Aktivitäten, die sehr körperbezogen sind
→ spezifische Sportkleidung und Umkleidesituationen (z.B. Schwimmverein)
→ Fahrten zu Wettkämpfen und Freizeiten mit Übernachtungen
→ Einzelbesprechungen oder Einzeltraining
→ Rituale wie Umarmungen z.B. bei Siegerehrungen
→ Enge Bindung der Kinder und Jugendlichen an den Trainer/in
→ Zum Teil eine geringe Transparenz in der Vereinsarbeit
→ Wenig Kontrolle der Mitarbeiter/in in ehrenamtlich geführten Vereinen und Verbänden
Kinder, die selbstbestimmend und extrovertiert sind, sind oftmals weniger gefährdet als Kinder und Jugendliche, die introvertiert sind und zurückgezogen leben. Es wird abgewogen, ob das „Opfer“ ein stabiles Umfeld hat und in die Gruppe integriert ist oder ob es eher eine „Außenseiterrolle“einnimmt. So ein Kind/Jugendlicher hat in der Regel das Bedürfnis, auch in die Gruppe aufgenommen zu werden und von anderen akzeptiert zu werden. Das kann ein potentieller Täter ausnutzen.
Aber wie schütze ich Kinder und Jugendliche vor sexuellen Übergriffen oder sexualisierter Gewalt? Das war eine der vielen Fragen, mit denen wir uns am zweiten Tag des Lehrgangs beschäftigt haben.
Als erstes heißt es RUHE BEWAHREN. Man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen und nichts überstürzen, denn das kann die Situation ggf. verschlimmern. Danach heißt es, dem Kind/dem Jugendlichen mit OFFENHEIT gegenüber zu treten. Den Betroffenen nicht unter Druck setzen und ihm vertrauensvoll entgegen kommen. Dabei sollte man nicht vergessen AUF SICH SELBST ZU ACHTEN. Man sollte sich mit seinen Befürchtungen, Ängsten und Gefühlen auseinander setzen und niemals alleine handeln oder versuchen die Situation zu lösen. Wo man dann beim nächsten Punkt wäre, NICHT EIGENMÄCHTIG HANDELN. Sich mit anderen vertrauensvollen Betreuern/in austauschen über Gefühle, Beobachtungen, Informationen und Wahrnehmungen. VORSICHT BEI VORSCHNELLEN ANSCHULDIGUNGEN. Keine Gerüchte in Umlauf bringen, die Situation vertraulich behandeln und niemals den evtl. Täter mit der mutmaßlichen Tat konfrontieren. Dies kann dazu führen das der Täter den Betroffenen noch mehr unter Druck setzt. Wichtig ist auch die INFORMATION DES VEREINSVORSTANDES. Rechtzeitige und zeitnahe die Information an eine Vertrauensperson im Vorstand oder an den zuständigen Ansprechpartner weiterleiten und das weitere Vorgehen besprechen und planen. UNTERSTÜZUNG HOLEN. Mit einer Vertrauensperson über weitere Schritte beraten und z.B. Kontakt zu den Eltern, einer Beratungsstelle, einer Notfallnummer oder Behörde aufnehmen. Diese Punkte greifen nicht, wenn ein Täter auf frischer Tat ertappt werden. Dann gilt gleich die Polizei und die zuständigen Behörden zu informieren.
Was hat sie seit dem letzten Seminar in den Vereinen getan? Die LSFV Jugend sichert sich mit der Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnis der teilnehmenden Jugendwarte ab. In anderen Vereinen sind Satzungsänderungen geplant, in denen verankert ist, dass die Jugendwarte aktiv im Kinderschutz sind und sich über einen Ehrenkodex und ein Führungszeugnis absichern. Des weiteren wird das Thema „Aktiv im Kinderschutz“ durch die Jugendwarte publik gemacht, um weg von dem Tabuthema „sexualisierte Gewalt“ zu kommen.
Zur Unterstützung war am Samstagmorgen Jacob Voss von der Sportjugend vor Ort. Er klärte uns über die Entstehung des Projektes „Aktiv im Kinderschutz“ auf und stellte Weiterbildungsmöglichkeiten bei der sjsh für Jugendgruppenleiter vor.
Danach beschäftigten wir uns mit den Möglichkeiten wie Jugendliche sich Vertrauenspersonen gegenüber äußern können. Dies stellte sich wie folgt dar:
Kinder und Jugendliche sollten…. „CHOICE“ die Wahl haben ob sie sich in einer bestimmten Situation befinden möchten….“VOICE“ ihre Interessen deutlich machen können… und „EXIT“ einen Ausweg haben, um aus Situationen treten zu können…
Aber wie kann ich mich als Betreuer schützen? Diese Frage stand am Samstagabend noch offen. In Gruppenarbeit stellten wir Möglichkeiten vor, vor was wir uns schützen und wie wir uns schützen können.
Wie schütze ich mich als Betreuer z.B. vor……? | Wodurch schütze ich mich als Betreuer? |
Rufmord und falschen Anschuldigungen | Nicht zu viel Nähe zulassen, kritische Situationen vermeiden |
Körperlich sexuellen Übergriffen | Nie alleine mit jemanden sein, keine 1:1 Situationen |
Mittäterschaft | Klare Distanz aufzeigen/ Offenheit und Transparenz zeigen |
Falschen Entscheidungen | Seminare und Fortbildungen |
Rache | Aufsichtspflicht nachkommen/Im Team arbeiten |
Eltern/Betreuern etc. | 4 bzw. 6 Augen-Prinzip/ Elternerklärungen |
Hilflosigkeit und Erpressbarkeit | Kommunikationsbrücken bauen/ Feedbackrunden einführen |
Das sich Jugendliche falsche Hoffnungen machen.. | Problematik ansprechen bzw. Gespräche suchen und auch dritte hinzuziehen |
Zum Abschluss sollte eines wirklich klar sein: Wir müssen weiterhin unsere Kinder und Jugendlichen dazu bringen, offen über ihre Probleme zu sprechen und sie stark machen. Des weiteren ist dazu zu sagen, dass jeder Jugendwart, der aktiv im Kinderschutz ist, ein Schritt in die richtige Richtung ist und deswegen sollten sich viele ans Herz fassen und diesen Schritt mit uns gehen, um die Kinder und Jugendlichen in unseren Jugendgruppen zu beschützen.