Meldung des DAFV: Juni 2023, Den Haag, NL. Eine von Europol koordinierte Operation, hat international operierenden Glasaalschmugglerbanden, einen weiteren schweren Schlag versetzt[i]. An der internationalen Operation LAKE VII zur Bekämpfung der organisierten Wildtierkriminalität haben insgesamt 38 Länder und Institutionen teilgenommen.

Glasaale sind aufgrund ihres Schwarzmarkt-Preises von bis zu 6000 Euro / Kilogramm ein lukratives Schmuggelgut. Foto: Florian Büttner

Die diesjährige Ausgabe der Operation LAKE lief von Oktober 2022 bis Juni 2023 und führte zur Festnahme von 256 Personen, die für den Handel mit 25 Tonnen lebender Aale im Wert von rund 13 Millionen Euro verantwortlich waren. Acht Tonnen dieser Babyaale waren bereits auf dem Weg aus der EU nach Asien. Unter den 256 Festgenommenen waren Staatsangehörige aus China, Malaysia, Frankreich, Spanien und Portugal, darunter zwei hochrangige Zielpersonen und fünfzig ihrer engsten Mitarbeiter. Durch diese Erfolge wurden die organisierten kriminellen Netze, die in diese milliardenschweren Aktivitäten verwickelt sind, erheblich gestört. Darüber hinaus beschlagnahmten die Behörden kriminelle Vermögenswerte im Wert von über einer Million Euro und Bankkonten mit über zwei Millionen Euro.

Eines der größten Wildtierverbrechen der Gegenwart

Laut Europol Handel mit Glasaalen ist eines der größten und lukrativsten illegalen Geschäfte mit geschützten Arten auf der ganzen Welt, wobei die illegalen Gewinne in Spitzenjahren auf bis zu drei Milliarden Euro geschätzt werden. Mehrere kriminelle Netzwerke sind für den Handel mit diesen Fischen von Europa nach Asien verantwortlich. Innerhalb dieser kriminellen Organisationen sind hauptsächlich EU-Bürger für den illegalen Fang der jungen Aale in europäischen Gewässern verantwortlich, während Staatsangehörige aus den Zielländern in Asien die weitere Logistik und den Transport organisieren.

Nach dem Fang werden die Aale in Wassertanks in Lagerhäusern und Privathäusern und Wohnungen in ganz Europa gelagert. In der Regel sind asiatische Mitglieder des kriminellen Netzes für die Vorbereitung der lebenden Fische für den Transport in Koffern von Passagieren oder in Frachtsendungen verantwortlich. Der Modus Operandi reicht von getarnten Paketen, die als Waren gekennzeichnet sind, über kommerzielle Flüge bis hin zu Aalen, die im Gepäck von Passagieren versteckt oder in Fahrzeugen transportiert werden. Die empfindlichen Fische müssen die Reise nach Asien in versiegelten Kisten oder Plastikbeuteln überleben, welche eine niedrige Wassertemperatur und Sauerstoffzufuhr gewährleisten.

In Asien angekommen, werden die Aale in Fischfarmen gemästet und weiterverarbeitet um anschließend die weltweite Nachfrage nach Aalfilets zu bedienen. Es wird vermutet, dass jährlich etwa 100 Tonnen Glasaale aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschmuggelt werden, wobei die Preise schwindelerregende Summen von bis zu mehreren tausend Euro pro Kilogramm erreichen.

Was sagt uns die Menge an beschlagnahmten Glasaalen?

Beschlagnahmungen sind leider nur ein sehr ungenauer Indikator für die tatsächliche Menge geschmuggelter Aale. In der Literatur zur Wildtierkriminalität wird geschätzt, dass Beschlagnahmungen etwa 5-10% des tatsächlichen Schwarzmarkthandels repräsentieren. Nach dieser Daumenregel würden die beschlagnahmte Menge auf 80 Tonnen bis 152 Tonnen illegale Exporte hinweisen. Umgerechnet sind das etwa 240 Millionen bis 456 Millionen lebende Glasaale. Bereits 2018 hat Europol geschätzt, dass jährlich etwa 100 Tonnen Glasaale illegal von Europa nach Asien exportiert werden[ii]. In derselben Saison wurden nur knapp sechs Tonnen Glasaale beschlagnahmt.

“Es würde mich schon sehr überraschen, wenn wir uns aktuell im Bereich von 200 Tonnen jährlich bewegen. Undenkbar ist es aber nicht! Die Nachfrage in den großen Aalfarmen in China ist dafür ist durchaus vorhanden. Ich glaube aber vielmehr, dass 100 Tonnen weiterhin realistisch sind, und dass die Behörden in dieser Schmuggelsaison einfach viele Früchte für ihre jahrelangen, intensiven Ermittlungen ernten konnten. Die größeren Mengen an Beschlagnahmungen sind sicherlich auch ein Resultat der verstärkten Einbindung des European Anti-Fraud Office (OLAF), eine Strafvollzugsbehörde der Europäischen Kommission, welche im engen Austausch mit den nationalen Zollbehörden steht.”

Seit wann gibt es den Aalschmuggel und wie haben Behörden darauf reagiert?

Im Jahr 2010 verbot die EU den Handel von Europäischem Aal über ihre Außengrenzen hinweg als Reaktion auf den Bestandsrückgang und die Listung der Art in Anhang II des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES). Nationale Rechtsvorschriften von Ländern innerhalb des Verbreitungsgebiets der Art, aber außerhalb der EU, beschränken die Nutzung und Ausfuhr des Europäischen Aals zusätzlich. Seit 2011 haben gezielte Polizeieinsätze in ganz Europa und Amerika wiederholt gezeigt, dass das Handelsverbot für den Europäischen Aal umgangen wird. Lebende Glasaale werden illegal aus Europa und Nordafrika nach Asien exportiert. Dort werden sie in Aquakulturen gemästet und verarbeitet und anschließend auf dem globalen Markt und dem chinesischen Binnenmarkt verkauft.

Seit 2011 hat die Abteilung für Umweltkriminalität (SEPRONA) der spanischen Guardia Civil umfangreiche Operationen zur Bekämpfung der illegalen Ausfuhr von europäischen Glasaalen eingeleitet (z. B. die Operationen Suculenta 2011-2012; Suculencias 2012-2014; Black Glass 2015-2016; Abaia 2016-2017 und weitere in den Folgejahren). Als Reaktion auf den weltweiten Anstieg des Handels mit Wildtieren im Allgemeinen haben die EU-Mitgliedstaaten im November 2016 den EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels verabschiedet. Darüber hinaus hat der Rat der Europäischen Union Umweltkriminalität als eine der zehn Prioritäten in seinem EU-Politikzyklus für organisierte und schwere internationale Kriminalität (Zyklen 2018-2021 und 2022-2025) aufgeführt, welche Teil der Europäischen Multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) sind. Auf der Grundlage dieser politischen Entscheidungen wurde Europol im Jahr 2016 beauftragt, den europäischen Kampf gegen den Glasaalschmuggel zu koordinieren. Dies was die Initialzündung für die bis heute andauernde internationale Operation „LAKE“.

Ohne Besatzaale scheitern Aalmanagementpläne

Die Ziele der von der EU genehmigten Aalmanagementpläne orientieren sich an den Vorgaben der europäischen Aalverordnung 2007/1100. In den deutschen Aalmanagementplänen sind seit über zehn Jahren Aal-Bestandsziele formuliert, die nur über Besatzmaßnahmen erreicht werden können. Besatz ist eine der Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Aalbestands, welche in der EU-Aalverordnung dafür ausdrücklich vorgesehen ist. Der DAFV gratuliert den Ermittlern und hofft, dass die jüngsten Erfolge dazu beitragen, dass auch in Zukunft Besatzaal zur Erreichung der Bestandserholung verfügbar sein wird.

[i] Europol (2023) Law enforcement casts net over 256 eel smugglers. https://www.europol.europa.eu/media-press/newsroom/news/law-enforcement-casts-net-over-256-eel-smugglers

[ii] Europol (2018) Glass eel traffickers earned more than EUR 37 million from illegal exports to Asia. https://www.europol.europa.eu/media-press/newsroom/news/glass-eel-traffickers-earned-more-eur-37-million-illegal-exports-to-asia