Der Rat der EU-Fischereiminister hat am heutigen 13.12.2022 eine sechsmonatige Schonzeit für den Aal im Meer beschlossen. Zudem wurde entschieden, die Freizeitfischerei (Angelei) an den Küsten und angeschlossenen Brackgewässern sowie der Ostsee komplett zu verbieten.

Gleich fünf Aale winden sich vor einem Kescher eines Elektrofischereigerätes.

In unseren LSFV-Gewässern konnten wir in diesem Jahr teilweise Rekord-Aalfänge verzeichnen. Hier darf auch im kommenden Jahr auf Aal geangelt werden.

Aalangeln in Binnengewässern

Somit darf in Binnengewässern weiterhin auf Aal geangelt werden ­– auch in den LSFV-Gewässern. Dies gilt auch für den Nord-Ostsee-Kanal, der fischereirechtlich ein Binnengewässer ist (siehe LFischG §1 Abs.2 & 3). Da der Großteil der Aalangelei in Binnengewässern stattfindet, sind die Einschnitte für die Angler nicht so bedeutend wie für die ohnehin schon gebeutelte kommerzielle Fischerei in Nord- und Ostsee. Dennoch ist fraglich, welche Sachverhalte und wissenschaftlichen Untersuchungen die Fischereiminister zu dem Schritt des Verbotes der Freizeitfischerei verleitet haben. Hier werden wir versuchen zu erfahren, welche Gründe ausschlaggebend waren und euch natürlich auf dem Laufenden halten.

Hartes Brot für die Berufsfischerei

Die sechsmonatige Aalschonzeit wurde Ende Oktober von der zuständigen EU-Kommission vorgeschlagen – nun ist sie Realität und gilt ab Anfang 2023. Die Gestaltung der Schonzeit ist dabei etwas flexibel. Es wird jeweils eine feste Schonzeit für Nordsee (September bis November) und Ostsee (Oktober bis Dezember) vorgeschrieben. Zudem können die Mitgliedstaaten drei Monate flexibel in Anpassung an die Aalwanderung die Fischerei schließen. Es ist davon auszugehen, dass viele Fischereiunternehmen diesen Einschnitt bei ihrem letzten verbliebenen Brotfisches kaum verkraften werden. Insbesondere angesichts geringer Fänge von Dorsch, Hering und Co bleiben nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten der Wertschöpfung.

Der übersetzte Wortlaut der Pressemitteilung des Rates für Landwirtschaft und Fischerei lautet:

Zum Schutz des Aals einigten sich die Minister auf ein umfassendes Paket zum Schutz des Aals und zur Wiederherstellung dieses einzigartigen Bestands in europäischen Gewässern. Sie einigten sich darauf, die Freizeitfischerei zu verbieten und die Schließung der kommerziellen Aalfischerei auf sechs Monate in den Meeres- und angrenzenden Brackwassergewässern des Nordostatlantiks (einschließlich der Ostsee) und des Mittelmeers (mit Ausnahme des Schwarzen Meers) zu verlängern, um den unterschiedlichen Wanderungszeiten in den verschiedenen Meeresbecken Rechnung zu tragen. So können die Mitgliedstaaten die Schonzeiten für verschiedene Fanggebiete anpassen, um deren Besonderheiten sowie die zeitlichen und geografischen Wanderungsmuster des Aals im Glasaal- bzw. Blankaal-Lebensstadium zu berücksichtigen.

In der Pressemitteilung – Nr. 174/2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird es etwas genauer:

Die EU-Kommission hatte beim Aal eine Schonzeit von sechs Monaten vorgeschlagen. Nach schwierigen Verhandlungen konnte diese dank der Unterstützung durch Deutschland durchgesetzt werden, wenn auch mit Flexibilität in der Ausgestaltung für die Mitgliedstaaten. Dabei wurde eine feste, EU-weite Schonzeit von drei Monaten festgelegt – für die Ostsee von Oktober bis Dezember, für die Nordsee von September bis November. Die übrigen drei Monaten sind durch die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Aalwanderung festzulegen. Eine Schließung der Aalfischerei bereits im Januar 2023 wird allerdings aufgrund der Kurzfristigkeit, auch aus EU-rechtlichen Gründen, nicht möglich sein. Gleichwohl ist dies ein starkes Signal für einen noch strengeren Schutz im nächsten Jahr, weshalb Deutschland dem Kompromiss zugestimmt hat.

Hinzu kommt, dass der Glasaalfang für den menschlichen Verzehr zwar noch viel stärker eingeschränkt, aber eben nicht komplett verboten wird. Durch die getroffenen Regelungen werden die Aalbesatzmaßnahmen zur Wiederansiedlung weiterhin möglich sein. Auch die Fischereibetriebe können in einem bestimmten Umfang der Aalfischerei weiter nachgehen. Die Freizeitfischerei von Aal wird im maritimen Bereich komplett verboten sein. Neben den fischereilichen Maßnahmen, insbesondere der erweiterten Schonzeit von insgesamt sechs Monaten für die Meeresfischerei und stärkeren Maßnahmen gegen illegale Fischerei, wird es jetzt darauf ankommen, auch weitere durch den Menschen geschaffene Ursachen für die hohe Aalsterblichkeit zu reduzieren – zum Beispiel Aalschutzmaßnahmen bei Wasserkraftwerken und Reduzierung von Umweltverschmutzung.

Aalbesatz bleibt erhalten

LSFV-Biologen befischen die Elbe mit E-Gerät. Ein dicker Aal zappelt im Kescher.

Danke jahrelanger wissenschaftlicher Befischungen können wir für zum Beispiel die Elbe zeigen, dass der Aalbesatz zu deutlich mehr abwandernden Blankaalen geführt hat.

Positiv kann vermerkt werden, dass der Glasaalfang, insbesondere für Besatzzwecke, erhalten bleibt und dies offensichtlich auch der politischen Marschrichtung entspricht. Ohne den Fang der Aalbrut würde schlicht das Material fehlen, um unsere Gewässer zu besetzen. Dass Aalbesatz sinnvoll sein kann, zeigen unsere aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen. Auch Befischungen an Elbe und Elbe-Lübeck-Kanal weisen eindeutig darauf hin, dass der örtliche Bestand sich durch Besatz nachhaltig auffüllen lässt und zahlreiche Blankaale zum Laichen abwandern.

Zwiti: Die Einordnung der Entscheidungen des DAFV:

Das Verbot der Freizeitfischerei von Aal im maritimen Bereich ist für und Angler natürlich frustrierend. Die Auswirkungen dürften aber relativ gering ausfallen, da Aale vorranging in Binnengewässern geangelt werden. Wichtiger erscheint uns jedoch, dass die Glasaalfischerei zur Sicherung von Besatzmaßnahmen weiterhin erlaubt sein wird. Diese sind die Grundvoraussetzung für die Zielerreichung der 81 europäischen Aalmanagementpläne, welche auf der EU-Aalverordnung EC No 1100/2007 beruhen und welche nur durch das ehrenamtliche Engagement zahlreicher organisierter Angler in Verbindung mit einer Co-Finanzierung über den European Maritime, Fisheries and Aquaculture Fund (EMFAF) erreichbar sind.

Die generelle Verlängerung der Aalschonzeit von drei auf sechs Monate hat bei gleichzeitiger, geringer Schutzwirkung, massive sozioökonomische Folgen für strukturschwache Küstengebiete in Dänemark, Schweden und Deutschland und steht im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen von Blue Economy und Green Deal.

Die Effekte der bisher gültigen, dreimonatigen Schonzeit sind unseres Wissens von der Kommission bisher weder ausgewertet, geschweige denn evaluiert worden. Genau das wäre aber die Grundvoraussetzung gewesen, bevor man eine Managementmaßnahme verändert.

 

Quellen:

Pressemitteilung des DAFV: https://www.dafv.de/projekte/europaarbeit/item/577-europ%C3%A4ischer-aal-freizeitfischerei-im-meer-wird-verboten,-besatzma%C3%9Fnahmen-bleiben-erhalten

Pressemitteilung EU Rat für Landwirtschaft und Fischerei (Englisch): https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/12/13/council-approves-fishing-opportunities-for-2023-in-eu-and-non-eu-waters/

Pressemitteilung des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/174-fischereirat.html

Vorschlag der EU-Kommission: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:29cb26f7-5716-11ed-92ed-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF

EU Aal-Managementpläne: European Commission, Directorate-General for Maritime Affairs and Fisheries (2020) Evaluation of the Eel Regulation: final report, Publications Office. https://data.europa.eu/doi/10.2771/679816